Was zur Hölle habe ich da gelesen?! – Wieso ich für einige Bücher wohl nun einfach zu alt bin oder wie ein Klappentext in die Irre führen kann – am Beispiel von Fire & Heist – Sarah Beth Durst

Kennt ihr das, wenn ihr mit hohen Erwartungen an ein Buch geht und sich schon nach ein paar Seiten Ernüchterung einstellt? Ihr euch richtig zwingt, weiter zu lesen, obwohl ihr genau wisst – Baby, es wird nichts mit uns beiden?

So ging es mir schon seit langem nicht mehr, da ich meinen Lesegeschmack eigentlich recht gut einschätzen kann und dadurch – gott sei Dank – nur noch sehr selten ins Klo greife.

„Fire & Heist“ befand sich in der Dezember-Fairyloot, gemeinsam mit Storm Crow. Beides Bücher, die ich ohne Fairyloot wahrscheinlich nicht für mich  entdeckt hätte und auf das ich wegen des Klappentexts wirklich hingefiebert habe! Klingt aber auch wirklich gut, oder?

Fans of Cassandra Clare and Julie Kagawa will devour this contemporary fantasy about a teen were-dragon who must steal her first treasure. But a dark discovery during her heist could put her family in incredible danger.

In Sky Hawkins’s family, leading your first heist is a major milestone–even more so than learning to talk, walk, or do long division. It’s a chance to gain power and acceptance within your family, and within society. But stealing your first treasure can be complicated, especially when you’re a wyvern–a human capable of turning into a dragon.

Embarking on a life of crime is never easy, and Sky discovers secrets about her mother, who recently went missing, the real reason her boyfriend broke up with her, and a valuable jewel that could restore her family’s wealth and rank in their community.

With a handpicked crew by her side, Sky knows she has everything she needs to complete her first heist, and get her boyfriend and mother back in the process. But then she uncovers a dark truth about were-dragon society–a truth more valuable and dangerous than gold or jewels could ever be.

(Quelle: Amazon)

Gestaltwandler, Drachen, Schätze, ein unmöglicher Coup – „Fire & Heist“ klang wie ein wilder Mix aus Fantasy und Ocean`s Eleven. Es hat mich Ende letzter Woche vom SUB erneut angesprungen. Ich hätte es besser dort gelassen!

Eins vorab: Fire & Heist ist kein schlechtes Buch und das hier soll kein Verriss werden. Vielmehr soll es als Beispiel dienen, dass ich in gewissen Punkten der Jugendliteratur dann doch irgendwie ein Stück weit entwachsen bin. Um euch das besser zu verdeutlichen, wird der folgende Text SPOILER enthalten. Wer also noch unvoreingenommen ans Buch herangehen will, sollte JETZT aufhören zu lesen!

Der Klappentext verspricht den Einstieg zu Skys erstem Diebeszug, der für sie einen Meilenstein und quasi ein Aufnahmeritual in die Gesellschaft darstellen soll. Eine Gesellschaft aus Gestaltwandlern, die sich im Verborgenen halten müssen.

Stattdessen treffen wir auf die pubertierende Sky, die gerade von ihrem Freund verlassen wurde und deren Freunde sich deshalb (?) von ihr abwandten. Ihr Mutter ist verschwunden, da sie versuchte, bei einem anderen Clan etwas besonderes zu stehlen. Ihre familie kämpft um ihr Ansehen, da sie aufgrund der Mutter in der Hierarchie der Gestaltwandler gefallen sind. Alles Gründe für richtigen Struggle – Sky versinkt im ersten Drittel quasi in Selbstmitleid und ist auf der Suche nach Anhang. So greift sie auf eine Bekannte zurück, die sich innerhalb weniger Seiten zur neuen besten Freundin mausert. Auch der Ex will offenbar gar nicht der Ex sein – es wird recht schnell deutlich, dass er nicht wirklich aus eigener Überzeugung mit Sky Schluss gemacht hat. All diese Entwicklungen, die voller Konfliktpotential stecken und an denen eine Protagonistin innerlich richtig reifen könnte, werden oberflächlich und voll Hast, ja auch ohne eigentlichen Konflikt abgefrühstückt. Eigentlich sind diese Probleme gar keine Probleme, sondern reine Nebenschauplätze, die die Autorin ins Buch gepresst hat, um der Geschichte Tiefe zu verleihen – das Gegenteil gelingt ihr hier! Mich hat dieses Gequengele, das eigentlich total unnötig ist weil sich die Probleme direkt in rosa Zuckerwattewölkcken auflösen, einfach nur genervt. Ich hätte mir hier einfach eine reifere Person mit echten Problemen gewünscht, kein verzogenes Kind, dessen Umfeld schon alles irgendwie in den Griff bekommt, denn sie ist ja die große Heldin.

Sobald sich also Skys „Crew“ so mir nichts dir nichts zusammen gefunden hat – ein supercooler, reicher Ex-Freund, eine neue beste, unmagische Freundin, die des Klischees willen mega nerdy zu sein scheint und ein verquerer Magier, der wie ein billiger Abklatsch von Magnus Bane wirkt – kommt Sky natürlich dem eigentlichen Problem auf die Spur – der verunglückte Coup, bei dem ihre Mutter ein besonderes Juwel ausgerechnet aus dem Tresorraum der Familie ihres Ex-Freundes stehlen wollte und seitdem verschwunden ist. Der hier noch geneigte Leser fragt sich natürlich, welches Mysterium dahinterstecken mag. Sky beschließt, denselben Juwel ebenfalls zu stehlen, den das wird sicher des Rätsels Lösung sein! So schneidet sie mir nichts dir nichts einen famosen Plan aus den Rippen, der auch irgendwie total problemlos verläuft und der nur sp gut funktioniert weil sie – ACHTUNG! ihre Crew so fantastisch dabei nutzen kann!

Dennoch wird sie in eine Falle tappen und trifft auf den Bösewicht des Buchs, des Exfreunds Vater. Damit konfrontiert, dass ihre Mutter beim Ergreifen des Juwels verschwand und der Bösewicht sie darin quasi „gefangen“ hält, tut Sky das einzig logische und fasst ihn ebenfalls an!

Und hier liebe Leute, bin ich geistig ausgestiegen! Sky wird durch den Juwel in eine Art Parallelwelt gesaugt, der Heimat der Drachengestaltwandler. Sie trifft auf ihre Mutter, die ihr verkündet, dass es keinen Weg zurück gibt und Sky sich quasi arrangieren soll – aber bitte nicht, bevor sie nicht den jährlichen Test besteht, bei dem die Gestaltwandler ihr Können beweisen und entweder zur obersten Riege oder als Ausgestoßene gelten, je nachdem, wie geil sie sich verkauft haben. Der jährliche Test steht natürlich kurz bevor und Sky hat ja überhaupt keine Zeit mehr, sich die entsprechenden Skills anzueignen. Der drohende Showdown während des Tests wird dadurch aufgelöst, dass der Magier auch vor Ort ist und Sky irgendwie wieder zurück zaubert. Der Wahnsinn oder? Eine Konklusion, die wirklich eine tolle Wendung des Buches hätte darstellen können, wäre sie nicht innerhalb weniger Seiten runtergeschrieben worden. Man kann sich als Leser gar nicht richtig in der neuen Welt voller Drachen und Einhörner umschauen, so schnell ist man wieder aus ihr draußen.

Ab diesem Punkt wusste ich nicht so recht, worauf das Buch nun hinauswill. Aber Sky verrät es uns, will sie doch alle gefangen gehaltenen Drachen aus der magischen Welt befreien, unter anderem ihre Mutter. Sie will also erneut in das Verlies einbrechen, in die magische Welt reisen und ihre Mutter befreien, obwohl ja alles so total unmöglich ist. Aber Sky ist die Heldin des Buches, und so gelingt es ihr wiederholt. Sie befreit ihre Mutter und andere, die vielleicht gar nicht befreit werden wollten, bringt den Bösewicht zur Strecke und bringt ihrer neuen besten Freundin noch ein Einhorn mit! Ist das zu fassen? An dem Punkt konnte ich einfach wirklich nicht mehr und ich war froh, dass ich mit dem Buch durch war.

Was will ich euch mit dem Geschreibse nun eigentlich sagen? Dass ich in Sachen Fantasy einfach durch bin mit zu jungen Helden, denen alles in den Schoß fällt und die sich nie mit richtigen Problemen auseinander setzen müssen. Die noch Zeit haben, in Zeiten größter Bedrohung ein Einhorn zu zähmen um es der Freundin in der anderen Welt mitzubringen. Ein Einhorn ist in unserer Welt sicher total unauffällig und auf dem englischen Rasen des Gartens gut aufgehoben! Dieses Weichgespülte ist einfach nicht mehr meins, ich will Protagonisten, die schon ein bisschen mehr erlebt haben als den ersten Liebeskummer und die sich mit etwas mehr im Leben herum schlagen mussten. Ich will Bücher mit Tiefgang, die mir keine tausend Ideen auf 250 Seiten quetschen und dann noch Applaus erwarten. Ich will Bücher lesen, auch wenn ich vielleicht nicht mehr zur Zielgruppe 13 + gehöre, ohne mich direkt komplett dem Feuilleton zuwenden zu müssen.

Gott sei Dank gibt es einige Bücher, die genau das bieten können, Nevernight etwa oder Red Rising. Ich würde mir aber wünschen, noch mehr als vielleicht eigene Zielgruppe bei den Verlagen wahrgenommen zu werden. Ü30, mit Narben auf dem Herzen und ersten Fältchen um die Augen, aber immer noch hungrig nach fantastischen Geschichten. Als jemand, der lieber an einem Freitag abend auf der Couch nach der Tagesschau über einem Buch einpennt als sich noch für eine Clubnacht aufzubretzeln, weil die Arbeitswoche echt scheiß anstrengend war.

Ich hoffe, in Zukunft weniger zu Büchern zu greifen, bei denen ich das Gefühl habe, allles schon irgendwie mal gelesen zu haben. Ich möchte noch viele neue Geschichten vor mir haben!

Wie seht ihr das? Könnt ihr meine Gedanken nachvollziehen?


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